Grundsätzlich unterstell ich mal ganz allgemein, dass Eltern für Ihre Kinder immer das Beste und nur Gutes wollen. Sie wollen Ihren Kindern keine Chancen vorenthalten und sie gesund und gewaltfrei aufwachsen sehen. Und dann gibt es eine Menge unterschiedliche Werte, die Eltern Ihren Kindern mitgeben wollen und die Einfluss auf die Erziehung nehmen.
Das ist bei uns nicht anders. Wir wollen für Leni nur das Beste und wir wünschen ihr eine sorgenfreie Kindheit. Eine möglichst lange Kindheit und kein zu frühes leistungsorientiertes streben nach unzähligen Wettbewerbsfähigkeiten. Ich werde hierüber nicht in der Tiefe ausholen. Das Thema Erziehung sollte kein Thema für diesen Beitrag sein. Aber natürlich stößt auf großes Interesse unserer Leser, was Leni von unserem Ausstieg hält und wie wir sie in unsere Entscheidung eingebunden haben.
Wie haben wir unsere Tochter an der Entscheidung zum Ausstieg beteiligt?
Bereits lang vor unserem Ausstieg sprachen wir daheim immer wieder mal darüber, dass wir gern einmal länger reisen würden. Ohne konkret über ein Datum oder gar über einen kompletten Ausstieg zu reden. Wir sind schon immer gereist und gern auch mal länger als übliche 2 oder 3 Wochen am Stück. Und dafür war unsere Leni immer zu haben. Sie ist wahnsinnig gern unterwegs. Sie liebt das fliegen oder Zug fahren und kennt es seit frühester Babyzeit. Wenn eine Reise zu Ende ging, war sie es, die nicht freiwillig heim fuhr, wenn doch sie unser zu Hause sehr geliebt hat.
Aber sie war immer schon gern auf Reisen, liebt es neue Orte zu erkunden und taucht auch sehr schnell in fremde Länder und deren Kultur ein. Bei einem Tanzkurs in Bali hat sie im Alter von vier Jahren zwischen kleinen Mädchen, deren Sprache sie nicht beherrschte, viel gelernt. Es durfte keine einzige Tanzstunde verpasst werden und wenn sie es auch hasst Kleidung einzukaufen, ein passender Sarong musste sein. Das zeigt uns, dass Leni unsere Leidenschaft für das Reisen teilte.
Als dann die zeitliche Planung unseres Ausstieges konkret wurde, haben wir Leni von Anfang an mit einbezogen. Und wir haben ganz konkret mit ihr darüber gesprochen, was das für uns bedeutet. Und bei diesen Unterhaltungen ging es sehr schnell um unser zu Hause und damit auch um ihr Kinderzimmer, den Garten mit Ihrem tollen Spielturm, um die Zukunft unserer Katze und um unsere Familie (wann besuchen wir sie usw.) und unser zukünftiges Reiseleben.
Mehr Zeit mit Mama
Leni ist weder typisches Mama- noch Papa-Kind. Sie liebt es gleichermaßen mit uns Zeit zu verbringen. Wenn doch sie auf die Zeit mit mir in der Vergangenheit deutlich häufiger verzichten musste, als auf gemeinsame Zeit mit Papa. Und so kam es doch sehr häufig vor, dass, wenn ich daheim war, sie nahezu jeden Moment des Tages ausschließlich an meiner Seite verbrachte und diese gemeinsame Zeit intensivst aufgesogen hat. Denn ihr war natürlich klar, dass die nächsten Tage gleich wieder Mamaverzicht bedeuteten. Und schon am Sonntagabend fragte sie oft traurig, wie denn die kommende Woche aussehe und wann Zeit mit Mama eingeplant sei. Als sich dann bei mir berufliche Änderungen abzeichneten aber noch keine Entscheidung meines kompletten Jobausstiegs getroffen war, haben wir natürlich auch Leni in die Gespräche zu evtl. anstehenden Veränderungen einbezogen.
Und diese Reaktionen von Leni, die Fragen ihrerseits und das absolut positive Interesse zu allem was kommen könnte, das waren für uns ganz entscheidende Erlebnisse. Insbesondere sie war mit der Hoffnung, Mama nun viel öfter zu haben sowas von euphorisch. Als dann klar war, keine berufliche Veränderung sondern ein kompletter Ausstieg aus dem Arbeitsleben als Angestellte würde das Ergebnis sein, war unsere Leni das glücklichste Wesen auf Erden. Wo ich noch die ein oder anderen Zweifel in mir trug, ob das tatsächlich alles jetzt schon das richtige sein würde, hatte Leni mal so gar keine Bedenken – in ihrer kindlichen Vorstellung sicher auch differenzierter zu bewerten. Dennoch war das u. a. auch einer unserer Schlüsselmomente zur Entscheidung unseres kompletten Ausstiegs.
Lernen ohne Schule
Zunächst hatten wir Leni noch in der Schule angemeldet, denn in diese wäre sie in diesem Jahr eingeführt worden. Hierzu gab es bei uns ein immer größer werdendes Problem. Denn Leni wollte nicht in die Schule. Und das war schon sehr lange ein Thema bei uns. Bereits im letzten Jahr war das die Meinung von Leni, die sich entgegen aller Erwartungen in diesem Jahr nicht änderte. Sie blieb dabei, dass sie nicht in die Schule wollte.
Erst hatten wir ja nur mal den Gedanken zum Ausstieg laut ausgesprochen und uns miteinander beraten wie Szenarien unserer Zukunft aussehen könnten. Daran hatte Leni sich auch rege beteiligt. Wir haben überlegt und wieder verworfen. Auch wurde von ihr zum Thema Hausstand auflösen schnell geplant, was sie wem schenken oder spenden könnte. Und dann irgendwann wurde auch von ihr der Zusammenhang zur Schule erfasst. Wir mussten hierfür eine Lösung finden, das war auch Leni klar. Dazu hatten zunächst Alex und ich zahlreiche Gespräche geführt und viel recherchiert. Wir haben uns mit den Optionen Homeschooling (häuslicher Unterricht) und Unschooling (Schul- und Unterrichtsfrei) auseinander gesetzt.
Lernen auf Reisen
Dann haben wir Leni dazu befragt, was sie denkt, wie wir das machen könnten. Für sie stand fest, sie wird wie alle Kinder lesen, schreiben und rechnen lernen. Das war immer schon ihre ganz klare Vorstellung. Und sie hatte längst, in absoluter Eigeninitiative, mit dem lesen und schreiben lernen begonnen. Aber sie konnte sich nicht vorstellen, in eine Schule zu gehen. Also war klar, sie wird lernen, allerdings erst einmal nicht in einer Schule am Wohnort. Dafür machten wir uns gemeinsam mit Leni daran, eine Schulfreistellung (zunächst für ein Jahr ) zu beantragen.
Leni war mit diesem Entschluss wahnsinnig befreit. Von einer Last, die unser kleines Mädchen nun schon sehr lange mit sich herum trug.
Für welches Modell des Lernens auf Reisen wir uns letztlich entschieden haben, berichte ich gern mal in einem späteren Blogbeitrag.
Auf dem Weg, die Hürde der Schulbefreiung zu bezwingen, viel dann die Entscheidung tatsächlich alles aufzugeben. Weil wir nicht daran denken, nur ein Jahr zu reisen sondern open End unterwegs zu sein. Zum jetzigen Zeitpunkt gehen wir davon aus, dass wir auf diese Weise einige Jahre als sog. Normaden leben wollen.
Fazit
Die Entscheidung zur Langzeitreise mit kompletter Aufgabe unseres Hausstandes haben wir zu dritt getroffen. Leni war immer beteiligt an zu diskutierenden Optionen. Sie hat immer ihre Bedenken geäußert und diese wurden gleichermaßen in unsere Entscheidungen einbezogen. Und dennoch kann ich sagen, dass Leni uns mit ihrer kindlichen Naivität und Unbedarftheit so manche Entscheidung auch hat leichter treffen lassen.
Sie war bei der gesamten Verteilung unseres Hab und Guts so cool. Sie ist sehr sozial, gegenüber Menschen die sie nicht kennt noch viel mehr. Ständig sagte sie, “Mama das kann sicher noch jemand gebrauchen, der nicht soo viel Geld hat. Komm lass uns denen eine Freude machen”. Völlig unbedarft gegenüber Wert oder Nutzen, kindlich eben, aber mit großer Freude. Bei einigen eigenen Dingen, wie Kleidung (LieblingsKleidchen) oder auch Spielzeugen hatte sie dann auch mal Probleme, diese komplett herzugeben. Aber wir haben schlussendlich für alles einen guten Kompromiss gefunden, an dem sie ganz entschieden mitgewirkt hat.
Erinnerungen
An den Dingen die wir eingelagert haben, (das sind insgesamt 5 Kisten) hat Leni den größten Anteil. Denn das sind auch Ihre Kindheitserinnerungen und die wollen wir ihr nicht nehmen. Im Gegenteil, Leni wird eines Tages frei entscheiden, welches Lebensmodell das ihrige sein wird und dafür darf sie ebenso wie alle anderen Kinder ihre Erinnerungen mit ihren ganz persönlichen Schätzen aufrecht erhalten.
Kinder sind sprunghaft und ja, der Tragweite einer Entscheidung zum kompletten Ausstieg und unserer gestarteten Langzeitreise kann sich Leni gar nicht bewusst sein. Wir achten sehr darauf, dass all unsere aber besonders Leni ihre Bedürfnisse in unserem neuen Lebensmodell berücksichtigt werden. Und sobald einer von uns der dringende Wunsch nach einer Base und absoluter Beständigkeit nicht mehr los lässt, werden wir hierfür eine Lösung finden. Momentan, und wir sind ja noch am Anfang unseres Abenteuers, ist das kein Thema für uns drei.
Langzeitreise-Interview mit LeniLou
Ich habe mir gedacht, Leni in unregelmäßigen Abständen zu interviewen und Fragen zur Reise und allem was dazu passt zu stellen.
Und hier findet ihr das erste Langzeitreise-Interview mit Leni. Ich gebe ihre Antworten eins zu eins weiter und erinnere daran, dass unsere Leni gerade 7 Jahre alt geworden ist.
Boboli:
Wie gefällt Dir denn unser neues Leben?
Leni:
Mir gefällt unser neues Leben seeehr gut.
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Boboli:
Ist es anders als früher, als wir in den Urlaub gefahren sind?
Leni:
Ich freue mich, dass es immer immer weiter geht und ich hoffe,
dass Mama und Papa ja nicht sagen, dass es zurück geht.
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Boboli:
Gefällt Dir etwas gar nicht?
Leni:
Mir gefällt nicht, dass ich meine Oma & Opa und meine Tante & Onkel nicht mehr so oft sehe.
Und meine Freundin Emma und meine Katze Lucy vermisse ich.
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Boboli:
Was war das tollste bisher für Dich?
Leni:
Mein Geburtstag im Kinderhotel weil ein Clown mit roter Nase kam und Papa mir auf der Bühne einen Geburtstags-Muffin gezaubert hat.
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Boboli:
Worauf freust Du Dich besonders?
Leni:
Ich freu mich dass wir mit meiner Tante und
Onkel und dem anderen Onkel und meiner
Cousine an Weihnachten eine Reise zusammen
machen. Und auf das Wintercamp in Thailand mit
vielen Kindern und Freunden freue ich mich auch schon.
–
Boboli:
Was vermisst Du unterwegs?
Leni:
Meine Puppe, die ich aber nach Asien mitnehme und meine beste Freundin Emma,
die stopfe ich vielleicht auch noch mit in meinen Rucksack.
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Boboli:
Was wünschst Du Dir für die nächsten Orte auf unserer Reise?
Leni:
einen Kinoabend und einen Pool zum planschen… und eine Disco.
Tschüß und bis bald, Eure LeniLou
Wenn Ihr Fragen an uns habt oder Euch weitere Themen interessieren könnt ihr uns direkt unter diesem Blogpost im Kommentarfeld eine Nachricht hinterlassen.
Viele Grüße
Eure Boboli